Die Debatte bei (A) ist folgerichtig nun eine Debatte über den richtigen oder falschen politischen bzw. gesellschaftspolitischen Standpunkt und alles andere tritt in den Hintergrund. Hier entstehen also Positionen wie sozialistische, soziale, faschistische, woke, feministische und „was immer“ Kunstwerke.
Die Debatte bei (B) bewegt sich gerne um intrinsische Begründungszusammenhänge, um den Unterschied zwischen Kunst und Kunsthandwerk, um Dekoration und Kunstfertigkeit bzw. um Mode vs. Formentwicklung.
Während nun die Protagonisten der inhaltsorientierten Kunst zu jedem Zeitpunkt wissen warum es worum geht, ist die Handlungsorientierung unter (B) vergleichbar mit Grundlagenforschung und ist damit immer in Gefahr ins Leere zu entwickeln.
Fast zwangsläufig wird mit jeder Position eine gewisse Absolutheit verbunden, die das eigene Tun als die „richtige“ Kunst deklariert, und damit den Anderen bestenfalls den Zustand des Irrtums zugesteht.

Die Frage was nun Kunst und was eben nicht Kunst wäre, wird zu jedem Zeitpunkt in der Gesellschaft und in jeder Epoche erbittert erörtert. Um ein paar fast zufällig ausgewählte Exponenten zu nennen:

  • Benvenuto Cellini – 16.Jh.
  • Johann Wolfgang von Goethe – 18./19. Jh.
  • Alfred Loos – Anfang 20.Jh.
  • Josef Beus – Ende 20.Jh.

Die Reihe lässt sich natürlich endlos fortsetzen.
So eigenartig diese Auseinandersetzung um die gute, die richtige und die falsche Kunst scheinen mag, so notwendig ist sie gleichzeitig. In dieser Debatte wird stellvertretend für die jeweilige Gesellschaft geklärt auf welche Werte sie ihr Selbstverständnis gründet.

Der Charme und die Crux der Kunst ist dass sie keinen definierten Setzungen folgt und Ihre Leistung damit auch nicht unmittelbar messbar ist. Sie sorgt in gewissem Sinne für Unordnung in einer mehr oder weniger geordneten Welt.
In den Lebensbereichen außerhalb der Kunst gilt: Einer wohl definierten Aufgabe folgt eine Lösung deren Wert an der zuvor definierten Aufgabe gemessen wird. Ganz praktisch gilt: Eine Maschine funktioniert oder eben nicht.
Im engeren Sinn wird mit dieser Formulierung primär die Rolle der Kunst in westlichen Gesellschaften etwa ab der Neuzeit oder sogar erst seit dem 19.Jh beschrieben.

Schaut man sich allerdings beispielsweise die Werke von Hieronymus Bosch (*ca.1450 – †1516), dann wird deutlich, dass die Kunst auch vorher ein Gegenpol zur gegebenen Ordnung sein konnte.

◄ Ausschnitt aus dem „Narrenschiff“ von
Hieronymus Bosch ca.1500; Louvre, Paris

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