Die Interaktion von Macher und Rezipient bzw. die Teilnahme am Entstehungsprozess:
In der Regel wurde, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, die Erstellung von Kunstwerken beauftragt und selbstverständlich hat der Auftraggeber die Rahmenbedingungen festgelegt. Schließlich gab ja einen Grund für die Beauftragung. Selbstverständlich gab es damit einen Abstimmungsprozess zwischen Künstler und Auftraggeber. Dies bezog sich auch auf sehr dezidierte Vorgaben, wie z.B. die Position der dargestellten Figuren zueinander.
Der Klerus und der Adel hatten, neben der eigenen Selbstdarstellung, natürlich auch Dekorationsbedarf, der in der Regel nach einem festgelegten Kanon abgehandelt wurde.
Die relativ große Selbständigkeit (gesichert durch einen Anstellungsvertrag bei der Krone) in Bezug auf Thema und Ausdruck wie sie z.B. von Goya bekannt ist, stellt eigentlich die Ausnahme und nicht die Regel dar.
Die Einflußnahme des Auftraggebers kann sich natürlich nur auf beauftragte Werke beziehen. Dies ist gegenwärtig weniger häufig der Fall, also muss der Künstler sein bereits fertiggestelltes Produkt, als die einzige der möglichen Darstellungen, vertreten.
Bei allen Kunstwerken für den öffentlichen Raum ist die Diskussion der entscheidenden Jury der eigentliche Selektionsprozess.
Selbst nach dieser Entscheidung sind technische Vorgaben, Sicherheitsbedenken, Realisierungskosten, das Kostenrisiko relevante Einflussnahmen auf das Werk.
Als Beispiel kann hier das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin dienen. Bei diesem Werk musste Eisenmann sogar die ethisch begründete Einflussnahme einer Protestgruppe in Bezug auf die Auswahl des Betonlieferanten akzeptieren.
Selbstverständlich gibt es auch immer wiederkehrend den Versuch der Publikumsbeteiligung. Dass sich allerdings aus diesem Versuch jemals etwas anderes ergeben hätte, als die Befriedigung von Sozialarbeitern und Erziehern ist mir nicht bekannt.

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© Creator: SMK Open Copyright: CC BY-SA
Früher oder später stellt sich für Künstler die Frage
WARUM, verdammt, tue ich was ich tue und vor allem WOZU?
Wenn es nun ein Publikum gibt, das einen die gerade gebackenen Brötchen aus den Händen reist, dann kann man die Frage nach dem „warum“ zumindest für eine Zeit getrost auf morgen verschieben. In der Mehrzahl der Fälle muss diese Frage allerdings immer wieder aufs neue ergründet und beantwortet werden, sonst ergibt sich kein tragfähiger Handlungsrahmen.
Ich muss nun ehrlich gestehen, ich habe erheblich mehr Künstler scheitern sehen, als dass ich von erfolgreichen Versuchen wüsste.
Von Harry Kramer (Tänzer/Künstler *1925- †1997) habe ich irgendwann den Satz gehört: „Scheitern ist nicht so schlimm, schlimm ist, es nicht versucht zu haben“.
Es hilft aber nix, man muss Farbe bekennen, für sich selbst und damit auch für die anderen. Man kann durchaus heute und morgen unterschiedlich denken, man kann sich entwickeln.
Von Konrad Adenauer stammt der Satz: „Aber meine Herren, es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden.“
Raum für Entwicklung ist also durchaus vorhanden, aber für einen Künstler ist die Antwort zu jedem konkreten Zeitpunkt eine konkrete: Ich tue dies und ich tue jenes nicht.
Das Feld der Tätigkeit kann man (recht unscharf) so beschreiben:
Jemand tut etwas, bzw. versucht sich zu artikulieren.
In nächsten Schritt (zumindest theoretisch) gibt es Betrachter, die sich anschauen was es zu erfahren gibt.
In diesem Prozess eignet sich der Betrachter den oder die Impulse die das Werk formuliert an und interpretiert sie notwendigerweise gerade so wie er/sie es will.
Intension und Ergebnis kann zur Deckung kommen, muss es aber in keiner Weise.
Wichtiger noch ist, dass dieser Prozess in einem gesellschaftlichen, politischen und historischen Umfeld stattfindet, das die Ergebnisse dieses Prozesses in geradezu jede Richtung drehen kann.
Nun kann man – angesichts dieses Durcheinanders, mit Fug und Recht sagen: Was soll der Quatsch – Fußball ist mir lieber.
Trotz alledem, manches Mal kommen Dinge zur Deckung, manches Mal formuliert Kunst Dinge die für Gesellschaften und/oder Individuen von unendlicher Wichtigkeit sind.
Plötzlich sind diese künstlerischen Artikulationen dann immense Vermögen wert.
Joan Miro hat in diesem Zusammenhang aber bezeichnenderweise einmal gesagt: „wer eine Arbeit von mir als Kapitalanlage erwirbt macht einen furchtbaren Fehler. Es lohnt sich nicht. Der einzige Grund etwas zu erwerben sollte sein dass es (das Werk) einem gefällt“.

◄ Personnage by Joan Miró exhibited at Fundacio Joao Miro, Barcelona.
© Mariordo (Mario Roberto Durán Ortiz), CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons