Zweiphasiger offener Kunstwettbewerb für die Botschaft Warschau 2006
Aufgaben und Bedeutung der Deutschen Botschaft in Warschau
Das deutsch-polnische Verhältnis hat auf der Grundlage gleichberechtigter Partnerschaft eine bisher nicht gekannte Vielschichtigkeit und Dichte erreicht, die sich durch Polens EU-Beitritt 2004 noch weiter verfestigt hat. Die bilateralen Beziehungen sind zukunftsgerichtet, ohne die aus der Vergangenheit resultierenden Sensibilitäten zu vergessen. Die Geschichte begegnet dem Besucher auch im Stadtbild Warschaus. In der Hauptstadt erinnern zahlreiche Gedenkstätten und Plaketten an die Ermordung Warschauer Bürger während des NS-Terrors. Deutschland wird heute als verantwortungsvoller Partner mit einer seit Jahrzehnten gefestigten demokratischen Struktur wahrgenommen. (…) Die gute Nachbarschaft beider Länder, die in das bewährte „Europa der Regionen“ gemeinsam 120 Mio. Einwohner einbringen, findet auch im Botschaftsneubau ihren Ausdruck.
Leitidee
Der Neubau umfasst Kanzlei, Konsulat und Botschafterresidenz. Die Architektur bildet die unterschiedlichen Funktionen in einer Komposition aus drei Gebäudeteilen ab. Sie nimmt in Form von verschiedenen Körpern und Materialien den Gedanken auf, dass Botschaften Orte der Begegnung und Verständigung mit Anderen und Fremdem sind. Die Botschaft wird sowohl kontemplativen wie festlichen Charakter erhalten; sie wird in einem Gleichgewicht von Festigkeit und Beweglichkeit, von Nüchternheit und Poesie gehalten. Damit reflektiert sie auch die Wandlung des Selbstverständnisses der Deutschen nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges.
Die Lage des Grundstücks auf der Grenze zwischen gewachsener Stadt und geordneter Natur wurde in der architektonischen Konzeption aufgenommen, indem Gebäude und Park – Kultur und Natur auf vielfältige Weise miteinander verschränkt wurden. (…)

Erläuterung des Wettbewerbsbeitrags
Der Deutsch-Polnische Grenzvertrag von Nov 1990 und die damit verbundene endgültige Anerkennung des Grenzverlaufes zwischen den beiden Staaten stellen einen positiven Endpunkt eines langen, für Einzelne aus unterschiedlichen Gründen auch schmerzhaften Prozesses dar.
Dieser Grenzverlauf ist in dem Verhältnis der beiden Nationen zueinander ein Schlusspunkt für vergangene Auseinandersetzungen und er stellt einen Anfangspunkt für eine neue vielfältige Beziehung dar.
Diese Grenze soll nicht abgrenzen und trennen sondern sie soll die gemeinsam anerkannte Grundlage für einen lebhaften gegenseitigen Austausch unter den Menschen beider Länder schaffen.
Die Symbolisierung der gemeinsamen Grenze ist das Thema der Skulptur.
Die gewählte Form verdeutlicht die Durchlässigkeit und Transparenz in beide Richtungen auf der Grundlage von geklärten Verhältnissen.
Die Einflüsse der einen wie der anderen Nation sollen auf den Nachbarn einwirken und ein gemeinsames Neues schaffen.
Ein sehr großer Teil der Skulpturen in Warschau ist von Realismus bzw. Konkretion geprägt. Eine Plastik im Garten der Deutschen Botschaft sollte neben der eigenen Tradition auch die Sehgewohnheiten des Gastlandes berücksichtigen.
Der Entwurf ist einerseits ein abstraktes Formgeflecht und ist andererseits eindeutig les- und interpretierbar.

Durch die Verwendung der Materialien Stahl und Glas wird dem Symbol der gemeinsamen Grenze einerseits große Transparenz und andererseits die Konnotation von Festigkeit gegeben.
Den ganzen Tag wird das Sonnenlicht in den Glasblöcken aufgenommen und in sich ständig wechselnden Facetten von farbigem Licht an den Betrachter weitergegeben.
Durch einfache Beleuchtung kann die Plastik auch bei Abendempfängen ihr Thema kraftvoll und vielschichtig präsentieren.
Ansicht Ri Süd-Ost ►

Ansicht Ri Süd-Ost bei Nacht ►

