Kunstwettbewerb: Kunst am Bau – Neubauten Institut für Mathematik (MATH) und Interdisziplinäres Zentrum für Modellierung und Simulation (IMoS) der TU – 2022

Auszug aus der Projektbeschreibung:
Der Neubau Mathematik wird von fast allen Studierenden der Technischen Universität in den ersten Semestern während der mathematischen Grundausbildung genutzt werden. Daneben beheimatet der Neubau Mathematik Professorinnen und Professoren, Mitarbeitende und Doktorandinnen und Doktoranden des Instituts für Mathematik. Der Neubau IMoS wird ein Ort der anwendungsgetriebenen Forschung und internationalen Begegnung über Disziplinen hinweg. Gemeinsames Anliegen der Beteiligten ist die Betonung der Themen Internationalität und Interdisziplinarität: An diesem Ort findet sowohl internationale Spitzenforschung als auch anwendungsnah orientierte Lehre statt für Studierende aus aller Welt im Fach Mathematik und angrenzender Disziplinen wie Natur- und Ingenieurwissenschaften. Für die in den beiden Neubauten vorgesehene Forschung und Lehre braucht es einen Ort, der Kommunikation und Kooperation nicht nur erlaubt, sondern befördert.Erwartet wird ein eigenständiger künstlerischer Beitrag, der einen identitätsstiftenden Bezug zum Ort und seiner räumlichen, architektonischen und sozialen Situation herstellt und durch künstlerische Qualität und Aussagekraft überzeugt.

Gegenstand des Kunstwettbewerbs:
Ziel des Wettbewerbs ist es, für den Neubau MATH und für den Neubau IMoS Kunst am Bau zu entwickeln, die einen Bezug zum Standort, dessen Architektur und räumlichen Kontext herstellt, sich mit den lebendigen Orten der Lehre und Forschung und des Austausches auseinandersetzt sowie die Themen Internationalität und Interdisziplinarität reflektiert.
Die Wahl des künstlerischen Mediums ist den Teilnehmenden freigestellt, soweit die Nutzung des jeweiligen Wettbewerbsbereichs nicht eingeschränkt wird und die Urheberrechte der Architekten beachtet werden.

Auszug aus den Bearbeitungsplänen: Grundriss des Wettbewerbsgebiets


Sinn und Unsinn ….

diese Skulptur gehorcht einem Ansatz der im Wesen der Mathematik verankert ist: sie folgt ausschließlich ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit und trägt ursächlich keine Bedeutung über sich hinaus.
In einer wertorientierten Umgebung ist dies schon fast eine Provokation.

Der Ansatz:
Eine aus Kreisformen und Kreisbögen geformte Struktur entfaltet sich im Raum und exemplifiziert zunächst nichts als die eigene innere Beschreibung.
Die Wertgröße zur Erfassung der Länge eines Kreisbogens ist die Ludolphsche Zahl Pi (π). Dieser Wert ist transzendent und irrational – vielleicht reizt er gerade deshalb zu dem Versuch eben doch ein periodisches Muster zu erkennen.

Der Versuch:
Auf der Basis des dezimalen Zahlensystems wird der Wert π für die Skulptur in zehn Farben kodiert und auf der Oberfläche der Plastik als endloser Ausdruck formuliert.
Wie es halt so ist: die Begrenzung der endlichen Länge der Plastik setzt diesem Ansinnen enge Grenzen. In diesem Fall ist der Versuch schon nach nur 200 Nachkomma-Stellen zu Ende.

Das Ergebnis:
Im Rahmen dieser Begrenzung ist das Ergebnis konkret. Ob es ein Muster ist, bedarf der Erkenntnisfähigkeit des betrachtenden Subjekts.

Das Verhältnis dieser Plastik zu ihrer Umgebung kann durchaus gedeutet werden wie das Verhältnis der Mathematik zu ihrer Anwendung in der Welt, die eben nur durch Analogien ihre sinnstiftende Bedeutung erhält.

Am realen Ort im Innenhof des Gebäudes „MATH“ kann diese Skulptur mehrerlei sein:

  • Die leicht verrätselte Darstellung eines überaus bekannten Zahlenwertes.
  • Ein Analogschluss auf die Selbstbezüglichkeit von Denksystemen.
  • Eine Form von heiterer, wilder Buntheit in einer wohlgeplanten Umgebung.
  • Eine Reminiszenz an einen eigenwilligen mathematischen Forscher aus dem 16. Jh.
  • Eine Landmarke, die diesen Ort durch ihr Sein begrifflich definiert.
Die Ludolphsche Zahl Pi (π) mit 200 Nachkommastellen in Farben kodiert:
Visualisierung des Entwurfs im Umfeld der Planunterlage, Blick nach Nordost ▲
Visualisierung des Entwurfs im Umfeld der Planunterlage, Blick nach Norden ▲
Detailansicht


Die realisierte Wettbewerbsarbeit
wurde für einem anderen Ort im Gebäude konzipiert und dort entsprechend installiert.

Der hier gezeigte Beitrag wurde wie folgt von der Vorprüfung kommentiert:

„Das Preisgericht würdigt den selbstreflexiven Ansatz in der Titelgebung, den farbenfrohen klassisch skulpturalen Versuch, mit der Höhe des Raumes umzugehen.“

NB:
Man hat in diesem Job immer wieder das Vergnügen sich von den überragenden intellektuellen Leistungen einer Jury überzeugen zu lassen.

© 2025 Ulrich Klages        Impressum        Datenschutz