Neben der Aussagekraft des konkreten Werkes, kann dieser Wirkungszusammenhang auch, völlig unerwartet, von außen einem Objekt zugeschrieben werden. Der florentinische Brunnen „Fontana del Porcellino“ ist hierfür ein recht unschuldiges Beispiel: „Im Volksmund heißt es, dass das Berühren der Nase des Schweins Glück bringt. Entsprechend dieser Verheißung ist die Nase vom täglichen Berühren von Hunderten von Händen auf Hochglanz poliert. Das vollständige Verfahren zur Erlangung eines guten Omens wäre, dem Schwein eine Münze in den Mund zu legen, nachdem man die Nase des Schweins gerieben hat: Wenn die Münze hinter das Gitter fällt, wohin das Wasser fließt, wird die Prozedur Glück bringen, sonst nicht. In der Tat ist die Neigung so, dass nur die schwereren Münzen in das Gitter fallen, die die Stadtverwaltung dort sammelt“

© Thermos, CC BY-SA 2.5 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5, via Wikimedia Commons

Während diese Skulptur ohne spezifische Intension zu ihrer Bedeutung gelangte, ist das nächste, komplementäre Beispiel eine Plastik, die als gezielte politische Demonstration intendiert wurde. In den Wirren der Ereignisse wurde sie zunächst als Änderung der ursprünglich vorgesehenen Skulptur auf- und dann wieder abgebaut um anschließend nach einer teilweisen Zerstörung wieder auf- und abgebaut zu werden.

© Hessen Kassel Heritage; Die Figur steht im Schloss Friedrichstein in Bad Wildungen

„(…) Belegt ist, dass im November 1812 auf dem Königsplatz ein Brunnen enthüllt wurde, der auch mit sechs Löwenkopf-Speiern versehen war. Vor der Machtübernahme Napoleons sei an dieser Stelle ein Denkmal für Landgraf Friedrich I. geplant gewesen, so Wegner. Doch als ab 1807 Napoleons Bruder Jérôme von Kassel aus das Königreich Westphalen regierte, war daran nicht mehr zu denken.Die Statue von Napoleon war aus Paris nach Kassel geliefert worden. Der Kaiser der Franzosen stand in der Kleidung eines römischen Imperators auf der Brunnensäule, die Zaitenstock genannt wurde. Napoleons Anwesenheit sorgte für Unmut in der Bevölkerung. Vandalismus war die Folge. Auch ein Spottgedicht ist bis heute überliefert: „Zu Kassel auf dem Zaitenstock / Ohne Hemd und ohne Rock / Ohne Schuh’ und ohne Hosen / Steht der Kaiser der Franzosen.“ Als ein knappes Jahr nach der Einweihung, im September 1813, der russische General Tschernitscheff die französischen Truppen zunächst für kurze Zeit aus Kassel vertrieb, entlud sich die Wut der Angreifer und der Bevölkerung am kaiserlichen Denkmal. Sie verstümmelten dieses. Als Jérôme zwei Wochen später die Rückkehr nach Kassel gelang, wurden die fehlenden Teile eilig durch Gips ersetzt. Doch nur wenige Tage später waren die Franzosen endgültig geschlagen. Mit Ende des Königreiches Westphalen wurde die beschädigte Statue entfernt. (…)“(https://www.hna.de/kassel/stand-brunnen-erst-auf-koenigsplatz-92584378.html)

Natürlich lässt sich Reihe der Bespiele endlos fortsetzen: Die potentielle Wirkmächtigkeit von Kunstwerken im öffentlichen Raum ist vielleicht am deutlichsten durch die Freiheitsstatue in New York beschreiben: Eine ganze Nation formuliert ihr Selbstverständnis an diesem Objekt.

Der Löwe auf dem Markusplatz in Venedig ist zwar eine Nummer kleiner, aber er hat für Venezianer die gleicher Funktion.

© de:Benutzer:Mkleine, CC BY-SA 3.0 <http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/>, via Wikimedia Commons

Die ungezählten Bilderstürme, sei es während der Bauernkriege, sei es in China während der Kulturrevolution oder nach der Auflösung des „Warschauer Paktes“, sind, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen, Nachweise der Bedeutung dieser Kunstwerke.

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